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Channel: Verschwörungstheorie – Astrodicticum Simplex
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Die mysteriöse “11133.kml”-Datei und das große rote X bei Google Earth

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Seit ich angefangen habe, mich mit dem nicht stattfindenden Weltuntergang 2012 zu beschäftigen, kann ich immer besser nachvollziehen, wie sich Don Quijote bei seinem Kampf gegen die Windmühlen fühlen muss. Egal, was man anstellt, es ist völlig egal. Nichts ist zu dumm, nichts ist zu absurd um nicht sofort als Argument für den Weltuntergang bzw. eine große Weltverschwörung benutzt und ohne auch nur die geringste Überprüfung mit großen Getöse weiter verbreitet wird. Das sieht man besonders schön, wenn man mal nach einer Datei mit dem Namen “11133.kml” googelt.

Da finden sich fast ausschließlich Meldungen aus einschlägigen Weltuntergangs- und Verschwörungsforen oder Links zu YouTube-Videos.

“Comet Elenin and Aleutian Islands: What NASA hide?”

“Impact Point of Elenin Leaked”

“Comet ELEnin’s Impact Location Discovered ? MUST SEE THIS ONE”

So lauten nur einige der Überschriften… Was zum Teufel ist da los? Was ist eine “11133.kml”-Datei und was hat sie mit dem Weltuntergang zu tun?

Ok. Mir war vage bewusst, dass “.kml” eine Dateiendung ist, die von Google-Earth verwendet wird. Ich hab das Programm noch nie verwendet, aber ich habs mir mal runtergeladen. Genauso die ominiöse Datei, die sich auf einem Server der NASA unter der Adresse http://byss.arc.nasa.gov/maps/mars/visible_kml/111/11133.kml befindet. Dann startet man Google-Earth und öffnet damit die 11133.kml-Datei. Man sieht die Erde, sie dreht sich auf den Ozean zwischen Russland und Japan und mitten drin befindet sich ein fettes rotes X:

i-78c3128708bf437048b26b473bae6bbb-google-X-scrsht1-thumb-500x292.jpg

Ein “X”!! Das kann ja nur eines heissen: Hier wird irgendein Himmelskörper mit der Erde kollidieren!!! Wahrscheinlich ist es Planet X!!!! Klar, was denn auch sonst – immerhin ist da ja auch ein “X”! Oder noch besser: der Komet Elenin!!!! Ist ja bekannt, dass der in Wahrheit kein kleiner Komet sondern riesengroß ist und die NASA vertuscht sowieso immer alles!!!!! Und Ha! Ha! Ahahaha!!!! Hier findet man eine Datei, in der der Name “Elenin” auftaucht. Und wie lautet der Link zu der Datei?!!? http://gcn.gsfc.nasa.gov/gcn3/11133.gcn3 !!!! Schon wieder 11133!!!!!!!! Der Weltuntergang kommt!!!!!!

Ok, der Drang jetzt spontan in Panik zu verfallen und sofort ein hysterisches YouTube-Video zu veröffentlichen war zwar groß – aber ich hab mich zusammengerissen, erstmal ein Bier getrunken und dann nachgesehen, was das überhaupt für eine komische Datei ist. Anscheinend handelt es sich um eine reine Textdatei, die voll mit irgendwas ist, das xml-Code ähnlich sieht. Diverse Längen- und Breitenangaben finden sich dort. Und irgendwo am Ende dann auch diese Sequenz:

<name>11133.jpg<name>

<Icon><href>11133.jpg</href>&lt/Icon>

Wie gesagt – ich hab keine Ahnung von kml (oder xml). Aber es sieht ganz so aus, als wolle die Datei hier ein Bild mit dem Namen “11133.jpg” öffnen und wenn “href” hier das gleiche wie im normalen html-Code bedeutet, dann sollte dort der Pfad zur Datei stehen. Google-Earth probiert also, eine Datei namens “11133.jp” zu öffnen und da die auf meinem Computer nicht vorhanden ist, macht es eben ein großes “X” an die Stelle, wo eigentlich die Datei angezeigt werden soll. Das kann man leicht überprüfen. Ich kann zum Beispiel anstatt dem “11133.jpg” den Pfad zu einem anderen Bild angeben. Also zum Beispiel

<name>11133.jpg<name>

<Icon><href>http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/wp-content/blogs.dir/28/files/2012/07/i-3e19248f1ede08281905dd7e6d70bca9-thestupiditburns.jpg</href>&lt/Icon>

Und tatsächlich – ruft man die Datei nun nochmal auf, dann verschwindet das X und die Erde sieht so aus:

i-ea618e02a96f75e61b66bddde0229807-google-X-scrsht2-thumb-500x292.jpg

Also: das “X” zeigt nicht den Einschlagsort des Kometen Elenin an. Der kommt der Erde nämlich nur auf 34 Millionen Kilometer nahe (und nein, die Bahn eines Himmelskörpers lässt sich nicht vertuschen) und da ist ausreichend Platz dazwischen. Das “X” zeigt auch sonst nix weiter mysteriöses an – sondern nur, dass hier eine Datei nicht vorhanden ist.

Aber welche? Auch das lässt sich leicht rausfinden. Die 11133.kml-Datei behauptet ja, das Bild würde sich im selben Ordner wie sie selbst befinden. Also schauen wir einfach mal nach und öffnen den Link unter http://byss.arc.nasa.gov/maps/mars/visible_kml/111/11133.jpg. Tatsächlich ist da ein Bild – und es sieht nicht so aus, als würde es sich um einen Ort auf der Erde handeln. Aber Google-Earth kann nicht nur die Erde visualisieren, sondern auch Mars und Mond. Hier scheint das Bild mit seinen Kratern besser hinzupassen, also schalten wir bei Google-Earth einfach mal um. Und wirklich: beim Mars sieht es gut aus:

i-878c91db320ac8c21acb03cc66021e4f-google-X-mars1-thumb-500x292.jpg

Zur Kontrolle kann man nochmal das Häkchen neben der “11133.kml”-Datei deaktivieren und sieht dann, wie die Gegend ohne das drüber gelegte Bild aussieht: Genauso!

i-dc172601bc7532e3b5c59b004a589df6-google-X-mars2-thumb-500x292.jpg

Ich habe keine Ahnung, was die NASA-Leute mit dieser 11133.kml-Datei vor hatten bzw. haben. Aber offensichtlich geht es darum, eine Aufnahme vom Mars in Google-Earth anzuzeigen. Nix mit Weltuntergang. Nix mit Asteroideneinschlag. Das “X” ist nur eine grafische Fehlermeldung. Aber was ist mit dem Link zur Elenin-Datei? Der führt zum Gamma-ray Coordinates Network und in der Nachricht geht es um die Nachbeobachtung von Gammablitze. Das ist eine typische und wichtige Aufgabe, die Amateurastronomen gerne wahrnehmen. Ziel ist es, von einem Gammablitz, der ja nur recht kurz dauert, möglichst schnell möglichst viele Aufnahmen zu erhalten, bevor er wieder weg ist. Das sind auch Daten von “Amateuren” (die oft genauso gute Instrumente haben wie die Profis) wichtig. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich ein engagierter Astronom wie Leonid Elenin nicht nur mit der Suche nach Kometen und Asteroiden beschäftigt, sondern auch bei solchen Sachen mitmacht. Der Gammablitz um den es hier geht, hat übrigens schon im August 2010 stattgefunden. Da war der weder der Komet Elenin entdeckt, noch hat die Story sonst irgendwas mit einer Aufnahme des Mars zu tun, mit der sich irgendwelche anderen NASA-Typen beschäftigen. “11133” ist ja jetzt nicht unbedingt ein aussagekräftiger Dateiname. Bei GCN scheint man die Nachrichten einfach durch zu nummerieren. Es gibt eine Datei mit dem Namen 11134.gcn3, eine mit 11135.gcn3 – und so weiter. Und auch die Leute mit den Marsbildern haben ihre Dateien anscheinend einfach nummeriert. Auf meinem Rechner liegen auch sicherlich ein Dutzend Dateien mit dem Namen “test.dat” rum – trotzdem haben die nix miteinander zu tun.

Liebe Infokrieger. Liebe Weltuntergangspropheten. Liebe Bunkerbauer. Liebe NWO-Abwehrkämpfer. Liebe “Aufklärer” des Internets! Ihr redet ständig davon, dass man niemanden glauben soll. Dass man unbedingt “kritisch” und “unabhängig” sein und denken muss. Warum macht ihr das nicht? Ihr sagt dass man “offen” und auf keinen Fall ein Dogmatiker sein soll. Warum haltet ihr euch nicht daran? Anstatt mal tatsächlich “offen” zu sein, seid ihr felsenfest von der großen Verschwörung überzeugt. Ihr seid nicht “offen” sondern ausschließlich auf der Suche nach Dingen, die eure vorgefertigte Weltsicht stützen können. Wenn ihr dann etwas findet, dass auch nur vage in das Schema passt, dann seid ihr nicht “kritisch”. Ihr glaubt es sofort. Ihr macht nicht mal den Versuch, die Informationen zu überprüfen. Ihr probiert nichtmal, offen und rational über die Sache nachzudenken. Stattdessen posaunt ihr euren neuesten “Beweis” der großen Verschwörung unter größtmöglicher Hysterie in die Welt hinaus. Oder kopiert einfach die “Beweise” eurer Mitstreiter – ungeprüft und ohne darüber nachzudenken. Es hat mich genau 10 Minuten gekostet, über die “Google-X”-Sache nachzudenken und herauszufinden, dass das X eine Fehlermeldung darstellt und kein Mysterium. Warum hat das niemand von euch getan?

Und das Tragische ist ja: Niemand von den Angesprochenen wird das lesen. Ich hab mittlerweile echt das Gefühl, wenn heutzutage Texte schreibt anstatt sie in einem YouTube-Video vorzulesen, erreicht man eine immer größer werdende Gruppe an Menschen überhaupt nicht.

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